„Extremismus zerstört das Fundament unserer Demokratie“

Nachricht Osterode, 27. Januar 2025

Gedenkstunde auf dem Osteroder Kornmarkt wurde zum Appell

@Christian Dolle

Sogar der NDR hatte es mehrfach angekündigt: Auf dem Osteroder Kornmarkt gab es eine große Gedenkveranstaltung für die Opfer der Nationalsozialisten vor 80 Jahren, gegen das Vergessen und für eine wehrhafte Demokratie, die sich gegen jeglichen Faschismus stellt. Es war ein Zeichen, dass die Stadt, die Kirche und ein breites Bündnis aus Bürgerinnen und Bürgern, allen voran die Omas gegen Rechts, setzte.

Der 27. Januar ist der Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, ein Tag des Erinnerns und der Mahnung. So machte Bürgermeister Jens Augat dann auch deutlich: „Hass und Hetze sind wieder salonfähig geworden.“ Es sei wichtig, dem etwas entgegenzusetzen, denn „Extremismus zerstört das Fundament unserer Demokratie“. Dem stimmten mindestens die etwa 250 Menschen auf dem Kornmarkt zu.

Die Kirche habe damals große Fehler gemacht, ergriff Ulrike Schimmelpfeng, Superintendentin des Kirchenkreises Harzer Land, das Wort. Es sei wichtig, das einzugestehen und daraus Konsequenzen zu ziehen. „Weil wir um diese Fehler wissen, setzen wir alles daran, dass heute jedem Menschen auf der Welt mit Nächstenliebe begegnet wird. Jeder Mensch hat nach unserem christlichen Verständnis von Gott eine Würde bekommen, jeder Mensch ist es wert, gut zu leben.“

Sie habe mit Menschen zu tun, die aus Deutschland abgeschoben werden sollen, berichtete sie, mit Menschen, die Angst haben, weil ihnen in ihrem Heimatland der Tod droht. Daher forderte sie deutlich: „Finger weg vom Grundrecht auf Asyl!“

Für die Omas gegen Rechts machte Brigitte Maniatis deutlich: „Wir stellen uns gegen Parteien, die die Geschichte verdrehen und damit auf Stimmenfang gehen.“ Und Maie Conrady und Lena Enge, Schülerinnen der Fachoberschule Sozialpädagogik, die sich im Unterricht mit Pastorin Susanne Bachmann-Günther mit dem Thema des Holocaust auseinandergesetzt hatten, schilderten die Schicksale der Menschen hier vor Ort, von Jüdinnen und Juden, die zunächst ausgegrenzt, dann verfolgt wurden, ebenso wie auch Sinti und Roma, queere Menschen, Menschen mit Behinderungen und alle, die nicht ins Idealbild der Nazis passten.

Die rassistische Ideologie war auch in der Provinz, im Alltag eines jeden spürbar, auch an den Schulen, an denen der Hitlergruß zur Pflicht wurde und alles Lehren nur noch dem faschistischen Regime diente. Damit wurde durch diese Gedenkstunde nicht nur der Schrecken für viele Menschen damals nachvollziehbarer, es wurde auch deutlich, was für uns alle auf dem Spiel steht, wenn völkische Kräfte wieder Macht bekommen sollten.

Christian Dolle