Das Vaterunser in französischer und deutscher Sprache gebetet, zeitgleich und unter freiem Himmel. Ein Symbol für die Städtepartnerschaft zwischen Castelnau de Médoc und Bad Sachsa, ebenso ein Symbol dafür, dass Gottes Liebe zu uns keine Grenzen kennt. Die Andacht zum Jubiläum zum 50-jährigen Bestehen der Deutsch-Französischen Gesellschaft im Bad Sachsaer Vitalpark war in vielerlei Hinsicht aussagekräftig.
Sie begann mit einem Musikbeitrag des Blasorchesters Sieber. „Von guten Mächten“, jener Text von Dietrich Bonhoeffer, den die Musiker sicher nicht zufällig zu diesem Anlass ausgewählt haben. Die Andacht wurde von Pastor Urs Ebenauer gestaltet und von Christina Engelmann auf Französisch übersetzt. Neben etlichen Sachsaer waren auch viele der Gäste aus Castelnau gekommen und selbstverständlich ging es auch um das Verhältnis beider Länder, das sich seit den Weltkriegen und nicht zuletzt durch die Städtepartnerschaft von gegenseitiger Verachtung zu Verständnis und Freundschaft gewandelt hat.
Um Verachtung ging es auch im Predigttext, genauer um die des Pharisäers gegenüber dem Zöllner im Lukasevangelium. Da er für die Besatzungsmacht arbeitete, konnte er von seinen Mitmenschen keinen Respekt erwarten, führte Ebenauer aus, doch er vertraute auf die Liebe Gottes, weshalb Jesus sich ihm schließlich auch zuwandte.
In den Kriegen gab es Schuld auf beiden Seiten, schlug Pastor Ebenauer einen Bogen, später aber streckten die Menschen die Hände zur Versöhnung aus. „Im 21. Jahrhundert ist es nach wie vor wichtig, dass Grenzen der Kultur, der Sprache, des Geschlechts, der Religion uns nicht dazu veranlassen, auf den anderen herabzusehen“, sagte er, „Auf einem guten Weg sind wir, wenn wir andere achten.“
Das Fürbittengebet gab es ebenfalls zweisprachig, ebenso wie alle Lieder, die gesungen wurden, und zum Abschluss eben das zeitgleich gebetete Vaterunser, das so besonders bewegend war. Danach wurde im Park noch weiter gefeiert, denn noch bis Mittwoch sind die Freunde aus Frankreich im Harz zu Gast.
Christian Dolle