Ein Mord. Kommissare ermitteln. Für die Bewohner des Märchenlandes jedoch ist klar: Es kann nur der Wolf gewesen sein. Schließlich hat schon sein Vater damals die Geißlein gefressen. Also muss er schuld sein. Allein Rotkäppchen glaubt an die Unschuld von Rolf. Rolf? Dem Wolf. Sie nennt ihn Rolf? Ja, denn sie kennt ihn besser als alle anderen.
Mit „Mord im Märchenland“ brachte das Ensemble der evangelischen Jugend in Osterode ein Stück auf die Bühne, das ebenso skurril und brüllend komisch wie auch rasant erzählt ist. Kommissare aus der Menschenwelt ermitteln im Märchenland, was ohnehin schon zu irrwitzigen Szenen führt, hinzu kommen immer wieder absurde Dialoge, die von Wortwitz und Schlagfertigkeit leben.
Um mit so etwas ein Publikum jeden Alters zu begeistern, braucht es gute Darsteller, die wissen, wie sie Pointen zu setzen haben und ihre Rollen mit der nötigen Mischung aus Überzeugung und Ironie spielen. Nun sind die Jugendlichen keine Profis, zudem waren erst kurz vor der Aufführung einige erkrankt und hatten absagen müssen. Es gab also bereits im Vorfeld die Bitte, eventuelle Texthänger zu verzeihen.
Gab es diese Texthänger? Ja, vereinzelt. Und zudem sogar einige Szenen, bei denen einige Darsteller beim Blick auf ihr Gegenüber plötzlich lachen mussten. Störte das? Nein, gar nicht. Im Gegenteil, denn einerseits wurde es gekonnt umschifft, zum anderen trug es umso mehr zur Erheiterung bei. Dazu ist Theater ja eben live. Weil es lebt, weil es spontane Momente gibt.
Alles in allem war es eine Aufführung, die sich mehr als sehen lassen konnte, denn sie schaffte es, Kinder und Erwachsene gleichermaßen zu unterhalten, sie alle für eine Weile ins Märchenland zu entführen. Der Krimi dort zog in den Bann, mehr aber noch die Figuren von der Königin, die sich als Helikoptermutter für ihren Prinzen entpuppte über die Großmutter und den Jäger, die das Rotkäppchen unter die Haube bringen wollen bis hin zu Schneeweißchen und Rosenrot, die gehört haben, dass sich Frösche in Prinzen verwandeln lassen, wenn man sie an die Wand wirft.
Am Ende ging natürlich alles gut aus und der Nachmittag war ein großer Spaß für Ensemble und Publikum und ein Beweis dafür, wie wichtig Livekultur ist – auch in der Kirche.
Christian Dolle