Für unsere Gesellschaft ist Geld existenziell, theologisch jedoch durchaus ambivalent zu betrachten, stellte der frühere Superintendent des Kirchenkreises Harzer Land Volkmar Keil zu Beginn seines Vortrags im Rahmen der Reihe „Theologie für Neugierige“ in Kalefeld fest. Zunächst mal mache es nicht glücklich, zumindest sei es keine direkte Folge. „Es gibt so viele unglückliche reiche Leute“, stellte er fest, nicht als theologische Betrachtung, sondern schlicht aus seiner Lebenserfahrung heraus.
Daher gebe es oft die Vorstellung, eine Kirche ohne Geld sei die bessere, die unabhängigere, könne eine positive Gegenwelt aufzeigen. Allerdings sei eine solche Kirche eine andere als die, die wir heute haben. Es gäbe keine Kirchgebäude, eine Haupt- und Nebenamtlichen, nur Ehrenamtliche. Daraus resultierten kleinteilige Gemeinschaften, also eher Wohnzimmergemeinden. Eine solche Kirche könne langfristig nicht bestehen. „Das ist jedenfalls meine Behauptung“, so Keil.
Anschließend stieg er in die Gleichnisse Jesu ein, die Geld thematisieren. Zwar war Barmherzigkeit für Christus immer die Grundlage, dennoch spielt Geld in der Bibel häufig eine Rolle. Da gibt es das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Matthäus 20), jenes vom unbarmherzigen Gläubiger (Matthäus 18) oder jenes vom klugen Verwalter (Lukas 16). Sie alle sagen etwas zum Umgang mit Geld aus, verschiedene Aspekte, die aber alle zu gleichen Aussagen führen. Das Geld an sich ist nichts Schlechtes, auch damit Gewinn zu machen nicht, allerdings sollte sich alles Handeln nicht daran, sondern immer am Menschen orientieren.
Geld selbst war Jesus nicht wichtig, es ging ihm um den Bedarf des einzelnen Menschen. Daher ist Gottes Gerechtigkeit in vielen Gleichnissen auch nicht am Wert des Geldes orientiert, sondern an dem, was Menschen zum Leben brauchen.
Den Satz vom Kamel und dem Nadelöhr kennt vermutlich jeder, denn es ist ein zentraler Satz der Bibel. Er zeigt wie viele andere Stellen auch, dass Jesus Reichtum durchaus kritisch sieht. Die Anhäufung von Geld, dem Geld also einen Wert an sich beizumessen. Vielmehr geht es darum, die Kluft zwischen Arm und Reich auszugleichen. Auch hierzu zeigte Volkmar Keil etliche Textbeispiele auf.
Jesus steht für Gerechtigkeit, für eine Verteilung von oben nach unten, wenn man so will. „Armut ist eine Schande für die Reichen“, machte der frühere Superintendent deutlich. Jesus kritisiert also die Schere zwischen Arm und Reich und macht es uns zur Aufgabe, diese zu schließen. Daher sieht Keil persönlich das christliche Abendland auch als gescheitert an, denn spätestens seit der Industrialisierung habe es keine Antwort auf die Verelendung der Massen gefunden. Mit dieser Aussage nahm er Bezug auf einen früheren Vortrag zu diesem Thema.
In einem letzten Teil stellte er noch den Umgang mit Geld in den Urgemeinden dar. Schon damals wurden Apostel für ihre Arbeit bezahlt, ganz ähnlich den Pastor*innen heute. Schon damals gab es Kollekten, die für das Wohl der Allgemeinheit genutzt wurden. Schon damals gab es auf der anderen Seite aber auch Besitzlosigkeit, aus der später das Mönchtum entstand. Die Anhäufung von Geld galt auch damals schon als verwerflich und auch damals schon galt es als christlicher Grundsatz, es zu nutzen, um mehr Gerechtigkeit herzustellen.
Dies sei bis heute unsere Aufgabe, auch global gesehen im Hinblick auf die Ausbeutung in Billiglohnländern. „Hunger darf es nicht geben“, forderte der Theologe abschließend, auch keine Umweltzerstörung, da diese für die Unterschiede weitgehend mitverantwortlich ist. Nach dem Vortrag wurde noch über den Kapitalismus als solchen diskutiert, ob er nicht systematisch für immer größere Ungerechtigkeit sorgt, und ebenso über all die diakonische Arbeit von Kirche, die grob gesagt immer dazu dient, gegenzusteuern und mehr Gerechtigkeit herzustellen.
Christain Dolle