Mitgliederschwund und demografischer Wandel erfordern neue Strukturen in der Kirche. Ein Weg sind Zusammenschlüsse von Gemeinden, also Gesamtkirchengemeinden, die mehrere Kirchengemeinden umfassen, so dass nicht jede einzeln alle Aufgaben abdecken muss. Dieser Weg könnte auch für die evangelischen Gemeinden im Eichsfeld der zu einer zukunftsfähigen Organisationsstruktur sein.
Kürzlich hatte Pastorin Christina Abel Mitglieder der Kirchenvorstände sowie die Pastor*innen der Region zu einer besonderen Zusammenkunft eingeladen. Mit dabei waren nämlich auch Propst Thomas Berkefeld sowie weitere Vertreter der katholischen Gemeinden, die ihre Fusion schon hinter sich haben und daher über ihre Erfahrungen berichten können. Da Ökumene im Eichsfeld noch selbstverständlicher ist als in anderen Regionen, bot sich ein solcher Austausch an, auch, um eventuelle Fehler zu vermeiden.
Geplant ist übrigens ein Gesamtkirchenvorstand für alle sechs Gemeinden – Bilshausen, Duderstadt, Gieboldehausen, Hilkerode, Lindau und Wollershausen - dessen Mitglieder dann direkt gewählt werden. Die katholische Organisationsstruktur ist hier in einen Pfarrgemeinderat, der sozusagen für alle pastoralen Themen zuständig ist, und einen Kirchenvorstand, der sich um alles Finanzielle kümmert, aufgeteilt, doch diese formalen Aspekte sind nicht die eigentliche Herausforderung bei einem solchen Unterfangen.
Viel wichtiger sei, dass jede Gemeinde sich eine gewisse Selbstständigkeit bewahrt und letztlich jede*r das Gefühl hat, auch gehört zu werden, so berichteten die Gäste. Natürlich gab es einen gewissen Widerstand, berichtete Propst Berkefeld, doch wenn es gut läuft, gewöhnen sich Menschen auch an Neues. „Das ist super gelungen“, zog er Bilanz.
Ein Priestermangel, wie er auch auf die evangelische Kirche und damit auf den Kirchenkreis Harzer Land zukommt, ist in der katholischen Kirche schon länger spürbar, so dass es auch dort die äußeren Umstände waren, die Veränderungen verlangten. Insofern wollten sich die Vertreter*innen nur zu gerne ehrliche Tipps aus erster Hand holen.
Drei Priester und eine Gemeindereferentin für insgesamt etwa 13000 Gemeindeglieder sind es derzeit in den katholischen Gemeinden, auf evangelischer Seite werden es nach aktuellen Planungen vier Pastor*innen für etwa 6000 Gemeindeglieder sein, doch Stellenkürzungen stehen auch hier noch an.
Sind die Sitzungen für die einzelnen Gremiumsmitglieder überhaupt zu bewältigen, wollte Pastorin Abel wissen. Ja, das sei durchaus zu schaffen, so die einhellige und durchaus beruhigende Antwort. Außerdem kann der für alle passende Rhythmus ja selbst bestimmt werden. Allerdings sei es eine Herausforderung, Kinder- und Jugendarbeit zu organisieren, vor allem auch, weil es immer schwerer wird, junge Erwachsene in der Kirche zu halten. „Durch Corona ist sehr viel an Selbstverständlichkeit eingebrochen“, meinte Thomas Berkefeld hierzu bedauernd.
„Was sollten wir auf keinen Fall tun?“, fragte Superintendentin Ulrike Schimmelpfeng, die mit sehr großem Interesse ebenfalls an dem Treffen teilnahm. Auch sie erhielt eine eher beruhigende Antwort. Faire Absprachen seien wichtig, klare Verbindlichkeiten sollten von Anfang an geschaffen werden und andererseits eben viel Rücksichtnahme und Wohlwollen füreinander.
Das Gespür füreinander wachse schon jetzt durch die gemeinsame Vorbereitungszeit, erzählte Christina Abel, schon jetzt ändere sich für einige der Blickwinkel vom eigenen Kirchturm auf alle Menschen in der Region, ganz ähnlich, wie es auch die katholischen Brüder und Schwestern erlebt haben. Vieles sei dort einfacher als früher, doch am Ende, so gab Propst Berkefeld noch zu bedenken, entscheidet letztlich jede Gemeinde mit den Füßen, ob sie ihr Gotteshaus im Dorf noch braucht.
Christian Dolle