„Wir haben den Auftrag, für Nächstenliebe einzustehen“

Nachricht Kirchenkreis, 07. Februar 2024

Gibt es theologische Gründe gegen Rechtsextremismus, Frau Superintendentin?

@Christian Dolle

An den Demonstrationen für die Demokratie und gegen den erstarkenden Rechtsextremismus in unserem Land beteiligen sich vielerorts auch die Kirchen. So auch an der Kundgebung am kommenden Sonntag auf dem Osteroder Kornmarkt. Superintendentin Ulrike Schimmelpfeng wird eine der Redner*innen sein. Im Vorfeld erklärt sie, warum es aus ihrer Sicht christlich ist, sich gesellschaftspolitisch zu engagieren.

„Als Christinnen und Christen haben wir die Aufgabe, Jesus nachzufolgen so gut wir können“, sagt sie, „Dieses Engagement hat Konsequenzen für alle unsere Lebensbereiche. In der Familie, unter Arbeitskollegen und in unserer Stadt und unserem Land haben wir den Auftrag für Nächstenliebe einzustehen.“ Christliche Nächstenliebe also, die nicht zulässt, manche Dinge schweigend hinzunehmen.

Ganz konkret sagt sie weiterhin: „Wenn Menschen in unserem Land andere Menschen herabsetzen, verachten und ausgrenzen, dann müssen Kirchenmitglieder widersprechen, weil alle Menschen gleichermaßen von Gott geliebte Geschöpfe sind.“ Das ist eine klare Absage an gewisse Ideologien und ein Bekenntnis zu Pluralismus und Vielfalt.

Ist das also ein theologischer Grund, um gegen Rechtsextremismus zu sein? Für Ulrike Schimmelpfeng ganz klar. „Für Christinnen und Christen sind alle Menschen auf dieser Erde als Gottes Ebenbilder von Gott gewollt und mit der gleichen Würde ausgestattet. Die rechtsextreme Haltung aber stellt die Gleichheit aller Menschen infrage.“

In Bezug auf die Nächstenliebe geht sie noch weiter und führt aus: „Jesus Christus hat Nächstenliebe gelebt, er hat sich kranken, behinderten und ausgegrenzten Menschen zugewandt. Im Rechtsextremismus hingegen wird Schwachheit verachtet. Jesus war Jude, für uns ist heute Gott sei Dank klar, dass jüdische Menschen unsere Geschwister im Glauben an den einen Gott sind. Rechtsextremismus aber steht für Antisemitismus.“

Diese Sichtweise ist nicht nur ihre subjektive. Sie zitiert die Barmer Theologische Erklärung von 1934, die zentrale theologische Äußerung der Bekennenden Kirche unter der nationalsozialistischen Herrschaft, die sich gegen die falsche Theologie jenes Kirchenregimes wandte, das sich den Nationalsozialisten anglich.

„Wir verwerfen die falsche Lehre, als gebe es Bereiche unseres Lebens, in denen wir nicht Jesus Christus, sondern anderen Herren zu eigen wären...“, heißt es dort. Dazu führt die Superintendentin heute aus: „Rechtsextremismus meint, wenn eine bestimmte Führungselite das Sagen hätte, der sich alle unterordnen würden, dann wäre alles besser – als Christinnen und Christen wissen wir uns aber allein Gott als unserem Herrn verpflichtet.“

 

Die Kundgebung auf dem Kornmarkt in Osterode beginnt am Sonntag, 11. Februar, um 18 Uhr. Das Aktionsbündnis Südniedersachsen ruft dazu auf, gemeinsam Demokratie zu verteidigen und Rechtsextremismus und Rassismus zu stoppen.

Christian Dolle