75 Jahre Grundgesetz waren der Anlass für die Bundestagsabgeordnete Frauke Heiligenstadt, im evangelischen Jugendhaus in Osterode mit Jugendlichen über unsere am 23. Mai 1949 in Kraft getretene Verfassung zu diskutieren. Der Verein Demokrateatime, in dem Jugendliche sich mit Demokratiebildung vor Ort auseinandersetzen, bzw. ganz konkret der Vorsitzende Alexander Fröhlich, der auch in der evangelischen Jugend aktiv ist, hatte sie eingeladen.
Alexander war es auch, der die anderen Jugendlichen aus unterschiedlichen Orten im Harzer Land zunächst begrüßte und dazu anleitete erst einmal in Kleingruppen über verschiedene Aspekte des Grundgesetzes zu diskutieren. Was sind die Errungenschaften? Wo gibt es aus Sicht der Jugendlichen Reformbedarf? Wie lässt sich eine wehrhafte Demokratie gestalten?
Die Bundestagsabgeordnete hatte zunächst noch dem Staatsakt in Berlin mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beigewohnt und dann bei der Kundgebung auf dem Osteroder Kornmarkt einige Worte gesagt. Auch den Jugendlichen im evangelischen Jugendhaus berichtete sie vom Staatsakt. Es seien die Anfänge unserer Bundesrepublik gelobt worden, erzählte sie, Steinmeier habe hervorgehoben, dass unser Grundgesetz Frieden und Freiheit in unserem Land garantiere. Dennoch habe er dazu ermahnt, die Demokratie am Leben zu erhalten, unter anderem durch ehrenamtliches Engagement in karitativen Einrichtungen und der Kirche.
Anschließend stellte sich Frauke Heiligenstadt den Fragen der Kleingruppen, diskutierte mit ihnen vieles, was durchaus auch über die anfänglichen Fragestellungen hinausging. Als „politisches Speeddating“ hatte Alexander Fröhlich diese Planung des Abends bezeichnet und es funktionierte ausgesprochen gut. Immer wieder scharten sich einige um die Politikerin, um mit ihr ziemlich intensiv auch über Themen wie Abtreibung, die Spaltung unserer Gesellschaft, die Schuldenbremse oder auch ein Recht auf Suizid zu diskutieren.
Zu Letzterem erläuterte Frauke Heiligenstadt beispielsweise, dass im Bundestag drei verschiedene Anträge zur Abstimmung gestanden hätten, von denen keiner eine Mehrheit bekam. „Wenn du so einen Schiffbruch erleidest, ist bei einem Thema auf absehbare Zeit nichts mehr zu machen“, beschrieb sie die demokratischen Prozesse im Parlament.
Der Abend endete wie für den jungen Verein üblich nicht mit Demokratie, sondern sozusagen mit Dönerkratie, also gemeinsamem Essen, bei dem viele Gespräche noch ganz locker vertieft wurden. Über das Grundgesetz, über Politik, aber auch über Gott und die Welt.
Christian Dolle