„Wenn ich nicht Pastor wäre, dann wäre ich wahrscheinlich Trauerredner“, sagt Helmut Fiedler-Gruhn. Welch ein Glück für den Oberharz, dass er doch den erstgenannten Weg eingeschlagen hat. Doch nun ist es dennoch Zeit für einen Abschied. Nach fast 40 Jahren als Pastor wird Helmut Fiedler-Gruhn in einem feierlichen Gottesdienst mit Superintendentin Ulrike Schimmelpfeng am 1. Advent, also Sonntag, dem 1. Dezember, um 15 Uhr in der St. Salvatoris-Kirche in Zellerfeld in den Ruhestand verabschiedet.
Gottesdienst-Gestaltung, Kasualien wie Taufen, Trauungen und eben Beerdigungen – sowie seine Zusatzaufgabe, die Seniorenarbeit – das sind die Tätigkeiten, die Helmut Fiedler-Gruhn an seinem Beruf besonders zu schätzen weiß. Dabei gab es im Laufe der Jahre viele Momente, in denen er besonders viel Dankbarkeit erfahren hat. Bei den Gottesdiensten in den Seniorenheimen zum Beispiel. Aber auch an einen Gottesdienst in der Marktkirche kann er sich erinnern: „Dort kam eine Frau auf mich zu, erzählte mir, dass sie aus Brasilien stamme und sagte mir sichtlich berührt unter Tränen, dass meine Worte sie besonders angesprochen haben.“ Oder auch das Mitmach-Krippenspiel an Heiligabend in Lautenthal. „Die Rollen wurden spontan verteilt, ebenso die passenden Kostüme – und so wird daraus jedes Jahr ein ganz besonderes Weihnachtsanspiel.“
Auch viele Veränderungen hat Pastor Helmut Fiedler-Gruhn miterlebt. Zunächst war er allein für die Kirchengemeinde Altenau-Schulenberg zuständig, dann kam das Team-Pfarramt, schließlich gründeten alle neun evangelischen Kirchengemeinden im Oberharz einen Kirchengemeindeverband – und zum 1. Januar 2025 wird daraus eine Gesamtkirchengemeinde („plus Hahnenklee“). „Für Kirche allgemein gilt: Es geht nicht mehr so weiter, wie es früher einmal war, als jeder Ort einen eigenen Pastor hatte. Aber die jetzige Situation bringt auch viele Chancen mit sich“, ist sich der 65-Jährige sicher. „Das hohe Eigenengagement in den Gemeinden, das gar nicht hoch genug angerechnet werden kann, wird hoffentlich anhalten. Denn das Bild vom Pastor als Alleinunterhalter, Zugführer oder Reiseleiter hat ausgedient, alle wirken gemeinsam an einem bunten Gemeindeleben mit“, ist sich Helmut Fiedler-Gruhn sicher.
Er denkt aber schon, dass Kirche weiterhin, auch in zehn Jahren, in der Gesellschaft präsent bleibt: „Glaube wird hoffentlich weiterhin eine Rolle spielen – wenn sie einladend wirkt und den Menschen nahe ist.“ Daran wird Helmut Fiedler-Gruhn weiterhin mitwirken, denn er kann sich vorstellen, ab Sommer 2025 den ein oder anderen Gottesdienst als Pastor im Ruhestand im Oberharz zu gestalten. Außerdem möchte er mehr Zeit in seine Faszination für Eisenbahnen und Dampflokomotiven stecken: „Mein Vater war Eisenbahner und mich interessierte alles drumherum schon seit ich denken kann. Vielleicht sieht man mich ja auch im Führerhaus einer Dampflok auf dem Weg zum Brocken.“ So oder so: Das macht den Abschied doch leichter.
Zur Person
Helmut Fiedler-Gruhn wohnt mit seiner Frau in Braunlage und ist seit 14 Jahren im Oberharz zu Hause. Insgesamt ist er seit fast 40 Jahren als Pastor für die Landeskirche Hannovers tätig. In Hildesheim geboren und aus einem christlichen Elternhaus stammend, zog ihn sein Studium nach dem Besuch eines kirchlichen Gymnasiums in Hildesheim zunächst nach Bethel und Göttingen. Anschließend war er Pastor in Ahlden und Sarstedt. Helmut Fiedler-Gruhn war von 1995 bis 2010 Pfarrer der Kirchengemeinde Süderneuland in Norden. Anschließend zog es seine Frau und ihn in den Oberharz. Hier war er als Pastor der Kirchengemeinde Altenau-Schulenberg und später im Team-Pfarramt Oberharz tätig. Neben Aufgaben in der Kirchengemeinde St. Salvatoris Zellerfeld übernahm Pastor Fiedler-Gruhn Gottesdienste in den Seniorenheimen im Oberharz.
Mareike Spillner