Meine Cousine hat damals in Las Vegas geheiratet. To go sozusagen, mit Elvis und pinkem Cadillac. Das Auto zumindest gab es in St. Andreasberg auch, es war türkis und ein Opel. Statt Elvis gab es die Pastoren Mirja Rohr und André Dittmann und Seelsorgereferent Michael Quendler. Sie boten die erste Trauung to go im Oberharz an.
Steffi und Olli gehörten zu denen, die sich trauten. Die beiden stammen aus der Nähe von Lübeck, sind immer wieder gerne im Harz, wandern hier viel. Seit zehn Jahren sind sie standesamtlich verheiratet, zur großen kirchlichen Trauung kam es nie. Als sie jetzt dieses Angebot entdeckten, entschieden sie sich ganz spontan dafür, diesen Schritt hier und jetzt in der Martini-Kirche nachzuholen.
„Es war schön, genauso, wie wir es uns vorgestellt haben“, sagten sie. Anfangs gab es ein Gespräch mit dem Pastor, der genau die richtigen Fragen stellte und dann gemeinsam mit ihren beiden Kindern eine schöne und so gar nicht aufwendige Zeremonie abhielt. Gerade für ihre beiden Söhne war es natürlich toll, bei der Hochzeit der Eltern dabei sein zu können. Steffi und Olli waren also absolut glücklich. „Spontane Sachen machen ist eh unser Ding“, sagten sie.
Ganz ähnlich ging es Sabine und Stephan. Sie heirateten vor 15 Jahren standesamtlich, haben durch ihre Mutter von der Aktion erfahren und wollten ihre Liebe so auch noch einmal vor dem Altar besiegeln. Beide leben in St. Andreasberg und sind dem Ort und der Kirche ohnehin verbunden, jetzt vielleicht noch einmal mehr, vor allem aber einander.
Sechs Paare waren es insgesamt, von denen Mirja Rohr, André Dittmann und Michael Quendler an diesem Tag das Ja-Wort hörten. Alle aus unterschiedlichen Beweggründen, aber alle spontan und um ihrer Liebe so noch einmal Ausdruck zu verleihen. Auch vor Gott. „Wir feiern die Liebe und ihren Zauber“, sagt Pastor Dittmann, „denn Liebe ist immer noch ein großes Geschenk.“
Dennoch gebe es im Leben nun einmal Umstände, die eine große Hochzeitsfeier unmöglich machen. Für genau diese Menschen wollten sie die Gelegenheit schaffen, eine kirchliche Trauung zu erleben. Auch für ihn, der er ja noch nicht so lange traut, sei diese Form ungewöhnlich, sagt Michael Quendler, aber in dem, was sie an diesem Nachmittag erlebt haben, sehr intensiv und auf das Wesentliche gerichtet, stimmt Mirja Rohr ihm zu.
Und ich habe erst jetzt wirklich verstanden, dass die Hochzeit meiner Cousine damals nichts mit Eile, mangelndem Respekt vor kirchlichen Ritualen oder gar weniger starker Liebe zu tun hatte, sondern vielmehr mit dem Wunsch, eine ganz eigene, ganz persönliche Erinnerung an diesen besonderen Tag zu haben.
Christian Dolle