In Osterode kamen am Sonntagabend etwa 2000 Menschen zusammen, um gemeinsam ein Zeichen für die Demokratie und eine offene Gesellschaft zu setzen. In Bad Lauterberg waren es am Nachmittag auch schon 500 Bürgerinnen und Bürger, die sich momentan sorgen.
Ab der Butterbergstraße/Wiesenbek über die Wissmannstraße entlang des Boulevards machten sie sich in Richtung Kirchparkplatz auf den Weg, um trotz regnerischen Wetters für ein buntes Miteinander einzustehen und friedlich zu demonstrieren. Bei der Kundgebung bewegte die Rede der KGS-Schüler Adrián Elm und Mats Müller: „Unser vielfältiges Menschenbild darf sich nicht in eine Vergangenheit zurückentwickeln, die wir aus gutem Grund nie wieder haben wollen. Wir haben im Geschichtsunterricht aufgepasst! Verteidigen wir, verteidigen Sie die Demokratie und tragen Sie Ihre Meinung in die Welt!“ Die Veranstaltung organisiert hatte die SPD Bad Lauterberg unter ihrem Vorsitzenden Nils Gehrke, viele Vereine, Familien und Einzelpersonen schlossen sich an. Die Bereitstellung der Technik übernahm die Jugendkirche Paulus. Als Rednerin*innen standen neben Bürgermeister Rolf Lange, Frauke Heiligenstadt (MdB), Alexander Saade (MdL), Landrat Marcel Riethig und anderen auch die Pastorin der St. Andreas-Kirchengemeinde, Vanessa Bethe, auf der Bühne: „Menschen werden auf offener Straße gejagt. Flüchtlingsunterkünfte werden abgebrannt. Synagogen brauchen Polizeischutz. All‘ das widerspricht der Verfassung unserer evangelischen Kirche.“ In ihrer Rede nahm sie Bezug auf die Jahreslosung: ‚Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe‘ und ergänzte: „Wir alle müssen die Demokratie verteidigen, müssen Haltung zeigen. Wir können nicht mehr tatenlos vor dem Fernseher sitzen, uns die Nachrichten ansehen und denken, dass schon genug andere etwas dagegen tun werden. Diese Zeiten sind vorbei. Wir müssen klare Kante zeigen und für unsere Ideale einstehen!“
Den Anfang in Osterode machten die Landwirte, die für die Demokratie (und zum Teil gegen die Politik der Ampel) ihre Runden über den Innenstadtring zogen. Anschließend versammelten sich viele Menschen vor der Bühne des Aktionsbündnisses für Südniedersachsen, wo sie von Martin Struck und mit Musik der Gasi-Band begrüßt wurden.
Zu den Rednern zählten hier Bürgermeister Jens Augat, Landrat Marcel Riethig die Landtagsabgeordneten Alexander Saade und Michael Lühmann sowie Agnieszka Zimowska vom DGB, die alle in ähnlichen Worten und mit gleicher Dringlichkeit betonten, wie wichtig es ist, gemeinsam für die Demokratie einzustehen, natürlich auch hier zu solchen Anlässen, vor allem aber auch bei Wahlen. Aller Frust über Politik, den sie zum Teil durchaus nachvollziehen können, dürfe nicht dazu führen, Parteien zu wählen, die in Teilen als gesichert rechtsextrem gelten.
Auch Superintendentin Ulrike Schimmelpfeng sprach zu den im Regen ausharrenden Demonstrierenden. „Wenn Menschen in unserem Land andere Menschen herabsetzen, verachten, ausgrenzen und ausweisen wollen, dann müssen wir Kirchenmitglieder meiner Ansicht nach den Mund aufmachen und widersprechen“, sagte sie. Sie wende sich nicht gegen Menschen einer bestimmten Partei oder Strömung, machte sie außerdem deutlich, sehr wohl aber gegen rechtsextremistische Haltungen und Taten.
„Dabei müssen wir uns auch an unsere eigene Nase fassen, denn auch wir sind nicht vollkommen frei von versteckten Rassismen“, fügte sie noch hinzu. Ein Satz, der sich sowohl auf die Kirche, aber auch auf jede und jeden beziehen lässt. Aktionen wie die derzeitigen Kundgebungen und Demonstrationen im Harzer Land und überall sonst, sind wichtige Zeichen. Sie reichen allerdings nicht aus, sondern müssen ein Appell sein, dass wir stetig an unserem Respekt vor allen Menschen arbeiten und jeden Tag darauf achten, nicht in allzu einfache Muster verfallen.
Christian Dolle